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Hilft CBD gegen Übelkeit?

Erstellt am: 28.01.2023                     Aktualisiert am: 30.01.2023                    Autor: Alexandra Latour

Es ist bekannt, dass medizinisches Cannabis zur Anwendung kommen kann, wenn Patienten unter den Folgen einer Chemotherapie leiden und mit Übelkeit und Erbrechen zu kämpfen haben. Verschiedene Studien haben zur Wirksamkeit wichtige Hinweise geliefert. Allzu gerne wird auch behauptet, dass frei käufliche CBD-Produkte (z. B. CBD-Öl) gegen Übelkeit helfen. Wir haben uns deshalb die aktuelle Studienlage zum medizinischem CBD angesehen und erklären außerdem, warum sich frei käufliche CBD-Produkte nicht mit medizinischem CBD vergleichen lässt.

CBD gegen Ãœbelkeit und Erbrechen

In den letzten Jahren wurden verschiedene Studien durchgeführt, um den Nutzen von Cannabinoiden bei der Linderung von Nebenwirkungen, die mit einer Chemotherapie einhergehen, zu untersuchen. An einer dieser Studien nahmen 80 Patienten teil, die unter chemotherapieinduzierter Übelkeit und Erbrechen litten [1]. Eine Gruppe erhielt ein Placebo (Scheinmedikament) und die andere Gruppe dreimal täglich ein bis vier Kapseln mit einem pharmazeutischen Cannabisextrakt, das 2,5 mg Tetrahydrocannabinol (THC) und 2,5 mg Cannabidiol (CBD) enthielt.

 

Die Gabe von oralem THC und CBD zusätzlich zu den Standard-Antiemetika war mit weniger Übelkeit und Erbrechen, aber dafür mit zusätzlichen Nebenwirkungen verbunden. 31 Prozent der Teilnehmer erlebten mäßige oder schwere cannabinoidbedingte unerwünschte Ereignisse wie Sedierung, Schwindel oder Desorientierung. Dennoch zogen 83 Prozent der Teilnehmer Cannabis dem Placebo vor.

 

Das berauschend wirkende Cannabinoid THC scheint den Studien zufolge eine nützliche therapeutische Option für Menschen zu sein, die unter chemotherapiebedingter Übelkeit und Erbrechen leiden und schlecht auf die üblichen Antiemetika (Medikamente gegen Übelkeit) ansprechen. Unangenehme unerwünschte Wirkungen könnten jedoch ihre breite Anwendung einschränken.

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Studien, in denen die Wirkung von Cannabidiol (CBD) gegen Übelkeit und Erbrechen untersucht wurde, gibt es kaum. Vor allem fehlen gut konzipierte klinische Studien (am Menschen) fehlen. Bislang wurde CBD nur an Tiermodellen untersucht.

 

Forscher untersuchten die Wirkung von Cannabidiol (CBD), Cannabidiolsäure (CBDA) und HU-580 an männlichen Ratten, bei denen Übelkeit ausgelöst wurde [2]. Bei HU-580 (Cannabidiol-Säuremethylester) handelt es sich um das synthetische Analogon von CBDA.

 

Untersucht wurde die Wirksamkeit jeder einzelner Substanz gegen Übelkeit, und ob die Wirkung durch den Serotoninrezeptor 5-HT1A vermittelt wird. Dabei nahmen die Forscher folgende Dosierungen vor: Akute und wiederholte siebentätige Verabreichung von CBD (5 mg/kg), CBDA (1 μg/kg) und HU-580 (1 μg/kg) sowie vierwöchentliche Verabreichung von CBD (5 mg und 20 mg/kg).

 

Im Ergebnis heißt es, dass CBD, CBDA und HU-580 bei wiederholter Verabreichung (sieben Tage) wirksam war und einen Agonismus des 5-HT1A-Rezeptors wirkten. Bei der vierwöchentlichen Verabreichung waren die Substanzen ebenfalls wirksam. All dies deute laut den Forschern darauf hin, dass Cannabinoide nützlich bei der Behandlung von Übelkeit und Brechreiz bei chronischen Erkrankungen sein könnten, ohne dass es zu einer Toleranzentwicklung kommt.

 

In einer weiteren Studie untersuchten Forscher die Wirkung von CBDA auf Ratten und Spitzmäuse, bei denen Übelkeit ausgelöst wurde [3]. In den Ergebnissen heißt es, dass CBDA bei den Spitzmäusen das bewegungsinduzierte Erbrechen reduzierte und die Latenzzeit des ersten bewegungsinduzierten Brechanfalls erhöhte. Bei Ratten unterdrückte CBDA das Erbrechen durch die gleichzeitige Gabe des 5-HT1A Rezeptorantagonisten WAY100635.

 

Die Forscher führten aus, dass CBDA im Vergleich zu Cannabidiol (CBD) eine signifikant höhere Wirksamkeit bei der Hemmung von Erbrechen bei Spitzmäusen und Übelkeit bei Ratten sowie bei der Verstärkung der 5-HT1A-Rezeptoraktivierung zeigte. Folglich sei CBDA ein vielversprechender Wirkstoff zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen, einschließlich antizipatorischer Übelkeit, für die es derzeit keine spezifische Therapie gibt.

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Schwerkranke Patienten, die unter den Nebenwirkungen einer Chemotherapie leiden, können von medizinischem Cannabis profitieren. Das haben verschiedene Studien gezeigt, wobei die Wirkung vorwiegend auf das berauschend wirkende Cannabinoid THC zurückgeführt wird.

 

Ob CBD allein – also ohne THC – ebenfalls gegen Übelkeit und Erbrechen wirksam ist, lässt sich nicht eindeutig belegen. Denn es existieren bislang nur Studien an Tiermodellen, die jedoch vielversprechende Ergebnisse lieferten. Es wird angenommen, dass CBD womöglich in der Lage ist, die Übelkeit über den Serotoninrezeptor 5-HT1A zu lindern. Interessant ist, dass die Cannabidiolsäure (CBDA), also die „saure“ Form von CBD, eine bessere Wirksamkeit zu besitzen scheint. Hier ist also noch viel Forschung notwendig.

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Hinweis

In den oben ausgeführten Informationen berichten wir ausschließlich über verschreibungspflichtiges Medizinalcannabis mit all seinen Cannabinoiden oder verschreibungspflichtiges Cannabidiol (CBD). Die Studienergebnisse sind nicht auf frei käufliche CBD-Produkte wie CBD-Öle, CBD-Kapseln etc. übertragbar. Zudem machen wir zur möglichen Zweckbestimmung keinerlei Vorschläge und geben auch keine Anwendungsempfehlungen oder Nutzversprechen.

Zunächst einmal möchten wir noch einmal darauf hinweisen, dass medizinisches CBD nicht mit frei käuflichen CBD-Produkten wie CBD-Öl vergleichbar ist. Während es sich bei medizinischem Cannabis um THC-reiche Sorten handelt, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, wird der CBD-Extrakt aus Nutzhanfpflanzen gewonnen, deren THC-Gehalt (in Deutschland) unter 0,2 Prozent liegt. Hinzu kommt, dass CBD-Öle erheblich in ihrer Qualität und Zusammensetzung schwanken können. Bei medizinischem CBD gibt es hingegen eine standardisierte und pharmazeutische Qualität.

 

Frei käufliche CBD-Produkte kommen in Studien nicht zur Anwendung, weshalb die Studienergebnisse auch nicht eins zu eins auf übertragbar sind.

 

Ein weiteres Problem ist, dass in Studien sehr hohe Dosierungen verwendet werden. Nehmen wir als Beispiel die erstgenannte Studie. Hier bekamen die Ratten unter anderem 5 mg CBD/kg und 20 mg CBD/kg, was sich als wirksam erwies.

 

Nehmen wir an, dass eine Ratte etwa 500 gr wiegt, erscheint die Dosierung nicht hoch. Übertragen wir das aber auf den Menschen würde das Folgendes bedeuten: Eine Person, die 65 kg wiegt und 5 mg/kg einnehmen würde, müsste etwa 325 mg CBD zu sich nehmen. Wenn ein Tropfen CBD-Öl etwa 2,2 mg CBD enthält, wären das pro Tag 148 Tropfen. Bei der Gabe von 20 mg/kg sind wir bei 1.300 mg CBD und ungefähr 590 Tropfen. Dies untermauert noch einmal, dass sich medizinisches CBD nicht mit CBD-Öl vergleichen lässt.

 

Ob CBD-Öl überhaupt gegen akute Übelkeit und Erbrechen nützlich ist, können wir nicht bestätigen. Aus unterschiedlichen Erfahrungsberichten ist bekannt, dass CBD-Öl hilfreich sein kann. Wiederum andere Nutzer berichten, dass CBD-Öl keine Linderung verschafft hat.

Hilft CBD gegen Übelkeit?

 

Es gibt bislang nur Studien an Tiermodellen, die Hinweise darauf geben, dass medizinisches CBD gegen Übelkeit nützlich sein könnte. Hier zeigte sich, dass die Cannabidiolsäure (CBDA) – also die „saure“ Form von CBD wirksamer sein könnte. Es fehlen gut konzipierte klinische Studien, um eine eindeutige Wirksamkeit belegen zu können.

 

Wie wirkt CBD auf den Magen?

 

Es ist unklar, ob und welche Wirkung das Cannabinoid Cannabidiol (CBD) auf den Magen hat. Bislang gibt es kaum Studien, die sich damit beschäftigt haben. Während sich medizinisches Cannabis bei Chemotherapie-induzierter Übelkeit als nützlich gezeigt hat, finden sich zur Wirkung von CBD nur Studien an Tiermodellen. Dabei ist die Studienlage nicht eindeutig.

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Alexandra Latour, Autorin, Medizinredakteurin
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Aufgrund der über zehnjährigen freiberuflichen Autorinnentätigkeit für renommierte Gesundheitsportale und Online-Magazine übernahm Alexandra Latour Anfang 2017 die stellvertr. Redaktionsleitung von Leafly Deutschland. Auch nach der Schließung der deutschen Niederlassung von Leafly war sie weiterhin als Medizinredakteurin und Beraterin in der Cannabis- und CBD-Branche tätig und konnte sich hier eine umfangreiche Expertise aneignen.

[1] Grimison P, Mersiades A, Kirby A, Lintzeris N, Morton R, Haber P, Olver I, Walsh A, McGregor I, Cheung Y, Tognela A, Hahn C, Briscoe K, Aghmesheh M, Fox P, Abdi E, Clarke S, Della-Fiorentina S, Shannon J, Gedye C, Begbie S, Simes J, Stockler M. Oral THC:CBD cannabis extract for refractory chemotherapy-induced nausea and vomiting: a randomised, placebo-controlled, phase II crossover trialv. Ann Oncol. 2020 Nov;31(11):1553-1560. doi: 10.1016/j.annonc.2020.07.020. Epub 2020 Aug 13. PMID: 32801017

 

[2] Rock EM, Sullivan MT, Collins SA, Goodman H, Limebeer CL, Mechoulam R, Parker LA. Evaluation of repeated or acute treatment with cannabidiol (CBD), cannabidiolic acid (CBDA) or CBDA methyl ester (HU-580) on nausea and/or vomiting in rats and shrews. Psychopharmacology (Berl). 2020 Sep;237(9):2621-2631. doi: 10.1007/s00213-020-05559-z. Epub 2020 Jun 2. PMID: 32488349

 

[3] Bolognini D, Rock EM, Cluny NL, Cascio MG, Limebeer CL, Duncan M, Stott CG, Javid FA, Parker LA, Pertwee RG. Cannabidiolic acid prevents vomiting in Suncus murinus and nausea-induced behaviour in rats by enhancing 5-HT1A receptor activation. Br J Pharmacol. 2013 Mar;168(6):1456-70. doi: 10.1111/bph.12043. PMID: 23121618; PMCID: PMC3596650

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