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Wettlauf um die Zulassung für CBD-Medikament gegen Schlafstörungen

Aktualisiert: 9. März 2023

Welches Cannabisunternehmen in Australien schafft es, ein CBD-Medikament gegen Schlafstörungen auf den Markt zu bringen – und das, obwohl es keine wissenschaftlichen Belege dafür gibt, dass CBD bei Schlafproblemen nützlich sein könnte?


"Bislang haben wir keine Beweise dafür, dass niedrig dosiertes CBD bei Schlaflosigkeit hilft, auch nicht bei höheren Dosen. Selbst bei 800 mg haben wir keine veröffentlichten Daten, die dies belegen. Das ist überraschend, wenn man bedenkt, wie weit CBD in den USA und Kanada als Schlafmittel vermarktet wird", erklärte Anastacia Suraev, Forscherin der australischen Lambert Initiative for Cannabinoid Therapeutics in einem Interview.


Wettlauf um die Zulassung für CBD-Medikament gegen Schlafstörungen

Mindestens vier australische Unternehmen arbeiten an einem niedrig dosierten CBD-Mittel gegen Schlaflosigkeit. Die an der ASX notierten Unternehmen Cann Group, Ecofibre, Avecho und Bod Science bemühen sich darum, die ersten zu sein, die die 60 Prozent der erwachsenen Australier, die laut einer Umfrage der Sleep Health Foundation im Jahr 2021 unter leichter Schlaflosigkeit leiden, medikamentös behandeln zu können.


Die umstrittene Entscheidung der Therapeutic Goods Administration (TGA), Apotheken den Verkauf von CBD in Dosen unter 150 mg zu gestatten, hat den Weg für Cannabisunternehmen geebnet, um skeptische Hausärzte und das komplizierte Special Access Scheme B zu umgehen, das ihnen erlaubt, nicht zugelassene Medikamente zu verschreiben.


Australische Unternehmen müssen Nachweise zur Wirksamkeit vorweisen


Angetrieben werden die Cannabisunternehmen von den 97 Millionen Dollar, die im Jahr 2021 für Schlafmittel aus der Apotheke ausgegeben wurden und zusätzlich die Möglichkeit eines großen Gewinns: Das einzige weltweit zugelassene reine CBD-Medikament, Epidiolex gegen Epilepsie bei Kindern, wurde vor zwei Jahren für 7,2 Milliarden Dollar gekauft.


Die Hürde für den Zugang zu diesem neuen Markt ist der Nachweis. So müssen Cannabisunternehmen nachweisen, dass ihr Produkt tatsächlich eine Wirkung hat, und zwar für ein Leiden, das so mild ist, dass es keine medizinische Überwachung erfordert, aber auch nicht so mild, dass es kein Medikament braucht.


Schlafstörungen sind eine der wenigen Erkrankungen, die in diese Kategorie fallen, und sie ist bereits einer der häufigsten Gründe für die derzeitige Verwendung von medizinischem Cannabis. Die Schlafforscherin Jen Walsh fand Studien, die belegen, dass Cannabiskombinationen beim Schlafen helfen können, aber nichts Definitives für CBD allein.


Studien zu CBD bei Schlafstörungen


Die Ergebnisse dreier neuen Studien deuten entweder auf die Grenzen von CBD hin oder sind ein Beweis für ein schlechtes klinisches Studiendesign. Paul Gavin, CEO des Biotech-Unternehmens Avecho, erklärte, dass Schlafstudien wegen der hohen Placebo-Effekte, die mit den von Natur aus subjektiven Daten einhergehen, riskant seien. Das Risiko steigt, wenn die Schlaflosigkeit nur gering ausgeprägt ist.


"Das Schreckliche an dieser Situation mit den klinischen Studien ist, dass es ein Wettlauf um die Zulassung ist, denn wir alle wissen, dass die ersten ein oder zwei Medikamente, die zugelassen werden, direkten Zugang zu 26 Millionen Menschen haben. Also gibt es viele Leute, die kalkulierte „Abkürzungen“ nehmen", so Paul Gavin.


Der Placebo-Effekt macht die Hälfte dieser Studien zunichte. Wenn auf dem Insomnia Severity Index (ISI) ein Wert von 8 erreicht wird und der Placebo-Effekt bei 7 liegt, dann habe man keinen dynamischen Bereich, um eine Verbesserung zu sehen, führte Gavin weiter aus.


CBD gegen Schlafstörungen: CBD verliert gegen Placebo


Eine klinische Studie mit Goldstatus ist randomisiert, doppelblind und hat genügend Patienten, um am Ende eine solide Statistik zu liefern. Das bedeutet, dass den Patienten nach dem Zufallsprinzip das Medikament und das Placebo zugeteilt werden und weder sie noch die Ärzte wissen, wer was bekommt.


Die drei Studien, bei denen CBD das Placebo nicht schlagen konnte, stammen von der Swinburne University, die in einer dreiwöchigen Studie nur 30 Personen mit mittelschwerer bis schwerer Schlaflosigkeit untersuchte, sowie von der Cann Group und Ecofibre.


Die Cann Group nahm 212 Personen für vier Wochen in die Studie auf und verwendete anstelle des Insomnia Severity Index das PROMIS-Verfahren zur Messung der Schlafstörung. Ecofibre plante, 438 Personen über einen Zeitraum von 10 Wochen einzuschreiben, und die Mindestvoraussetzung für die Teilnahme war ein Insomnia Severity Index von 10.


2 Studien sind noch offen


Die beiden verbleibenden Studien werden von Bod Science und Avecho durchgeführt. Beide werden ihre Datensätze mit objektiven Daten von Schlafüberwachungsgeräten vergolden. Die Studie von Bod Science wird derzeit zusammen mit dem auf Schlafmedizin spezialisierten Woolcock Institute of Medical Research durchgeführt. Dabei werden etwa 200 Personen mit einem Insomnia Severity Index Wert von mindestens 8 über 8 Wochen getestet.


Avecho wird noch in diesem Jahr mit einer achtwöchigen Studie mit 500 Teilnehmern beginnen, bei der ebenfalls Schlafmonitore zum Einsatz kommen und ein Insomnia Severity Index von mindestens 15 erforderlich ist.


Die Ergebnisse dieser Studien sollen die "endgültige" Antwort auf die Frage liefern, ob CBD bei Schlafstörungen helfen kann.


Medizinisches Cannabis in Australien


Medizinisches Cannabis gibt es in Australien erst seit 2016, als die Bundesregierung das Gesetz änderte, um die Entstehung einer pharmazeutischen Industrie zu ermöglichen. Aber die Branche hat sich nicht wie erwartet entwickelt. Sie hat immer noch nicht die Marktgröße von 100 Millionen Dollar erreicht, die der Finanzdienstleistungsmakler Cannacord Genuity im Jahr 2016 für das Jahr 2020 erwartet hatte. Ein hoher bürokratischer Aufwand und ein kleinerer Markt als erwartet haben den Absatz behindert - die SAS B-Genehmigungen lagen in den letzten zwei Jahren bei 120.000, während die Regierung von insgesamt 600.000 Nutzern ausging.


Auf dem Weg dorthin wurden viele Scharlatane, Hochstapler und Betrüger verdrängt, und während CBD in Apotheken der neueste medizinische Cannabis-Goldrausch ist, ist die Nachweishürde für alle außer den Reichen und Seriösen zu hoch, um den Einstieg zu wagen.


Wenn nicht CBD und Schlafstörungen, was dann?


Es gibt Hinweise auf die Wirksamkeit von CBD bei Angstzuständen und Entzündungen. Die angstlösenden Eigenschaften könnten den Menschen beim Schlafen helfen, wenn Stress die Ursache für die Schlaflosigkeit ist.


"Basierend auf den Ergebnissen unserer Untersuchung dachten wir, dass dies ein guter Ansatz wäre, aber wie wir gezeigt haben, sind es normalerweise 300 bis 400 mg, bei denen wir beginnen, diese Effekte auf Stress und Angst zu sehen", so Suraev.


Weiter führte die Forscherin aus, dass die TGA in aller Stille verlauten ließ, dass sie, wenn Studien eine Wirksamkeit bei einer etwas höheren Dosis als 150 mg zeigen, überzeugt sein könnte, den Grenzwert für ein rezeptfreies CBD-Medikament anzuheben.


Es scheint aber auch schon eine Alternative in Sicht zu sein: Die Schlafforscherin Dr. Camilla Hoyos von Woolcock führt aktuell eine Studie mit Cannabinol (CBN) zur Behandlung von Schlafstörungen durch, und zwar mit Dosen bis zu 300 mg für Menschen mit mittelschweren Schlafstörungen.





Autorin: Alexandra Latour

Aufgrund der über zehnjährigen freiberuflichen Autorinnentätigkeit für renommierte Gesundheitsportale und Online-Magazine übernahm Alexandra Latour Anfang 2017 d ie stellvertr. Redaktionsleitung von Leafly Deutschland. Auch nach der Schließung der deutschen Niederlassung von Leafly war sie weiterhin als Medizinredakteurin und Beraterin in der Cannabis- und CBD-Branche tätig und konnte sich hier eine umfangreiche Expertise aneignen.

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